Bericht der Nachrichtenagentur sda

Betreuung – Beschwerdestelle fordert nationale Strategie gegen Gewalt im Alter
Alte Menschen, die zuhause gepflegt werden, sind häufig Opfer von psychischer oder physischer Gewalt. Ursache sind meist Überforderung und Hilflosigkeit der Angehörigen. Die Unabhängige Beschwerdestelle für das Alter (UBA) fordert eine nationale Strategie zur Bekämpfung von Gewalt im Alter.

Hochrechnungen gehen davon aus, dass jeder fünfte alte Mensch Opfer von psychischer oder physischer Gewalt wird. Misshandlungen finden statt in Form von direkter körperlicher oder seelischer Gewalt, aber auch durch Vernachlässigung, wie die UBA in einer Mitteilung vom Mittwoch schreibt. Betroffen sind alle gesellschaftlichen Schichten und Frauen wie Männer gleichermassen.

Umfassende Qualitätsdiskussion notwendig

Häusliche Betreuung und Pflege müssten im Rahmen des Projekts „Soziale Sicherheit 2020“ des Bundes auf die politische Agenda kommen. Es brauche eine umfassende Qualitätsdiskussion, sagte UBA-Präsidentin Monika Stocker vor den Medien. Die Zukunftsplanungen beschränkten sich zu stark auf die ökonomische Seite der Altersstruktur. Es müssten auch qualitative und nicht nur quantitative Faktoren einbezogen werden.

Wenn das Pflegefinanzierungsgesetz von 2011 evaluiert wird, muss laut Stocker dringend beachtet werden, dass damals wesentliche Elemente der qualitativen Versorgung dem ökonomischen Druck der Krankenversicherer geopfert wurden.

Die UBA fordert für die Themen, die Hochbetagte betreffen, wie Demenzerkrankungen, Palliativcare und eben auch Gewalt gegen alte Menschen eine nationale Strategie mit verbindlichen Zuständigkeiten, Finanzierungen und fachlicher Kompetenz. Es ist ausserdem eine Fachtagung zur Vorbereitung einer nationalen Strategie geplant.

Typische Konfliktmuster und Prävention

Welche Umstände zu häuslicher Gewalt im Alter führen und was Prävention leisten kann, hat die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft (ZHAW) untersucht. Die Studie zeigt sechs verschiedene Konfliktmuster auf, die häusliche Gewalt begünstigen.
Dazu gehören starke gegenseitige Abhängigkeit der Familienmitglieder, finanzielle Interessen, soziale Isolation, aber auch Veränderungen der Beziehung, wenn einer der Partner eine Demenzerkrankung hat. Aufgrund der gesellschaftlichen und demographischen Entwicklung rechnet Albert Wettstein, Präsident der Fachkommission UBA Zürich/Schaffhausen, mit einer weiteren Verschärfung der Situation.

Ein wichtiger Faktor für die Prävention ist laut ZHAW die Reflexion der eigenen Situation sowie eine distanzierte Selbsteinschätzung der Beziehungsqualität, der Ressourcen und des Unterstützungsbedarfs.

Überforderung vermeiden

Professionelle Hilfe bei Konflikten, die in der Betreuung entstehen, erhalten Betroffene auch bei der UBA. Frühzeitige Planung und Entlastung seien Schlüsselfaktoren, um Überforderung von pflegenden Angehörigen zu verhindern.

Neu fungiert sie als Trägerverein für die deutsche Schweiz mit Fachkommissionen, die in der Region verwurzelt sind. Neben den bestehenden in Zürich/Schaffhausen und in der Zentralschweiz sind mittelfristig Fachkommissionen in der Ost- und Nordwestschweiz geplant.

Ausserdem baut die UBA auf starke Partnerschaften mit dem Roten Kreuz, Spitex-Verbänden und Sektionen der Pro Senectute und Alzheimer-Vereinigung, wie es in der Mitteilung heisst.